Essen packt an!

Warm durch die Nacht - Tourbericht 27.05.2016 von Viola

 - „Unverhofft kommt oft“ –Ein Tag voller Überraschungen –
Dies ist mein erster Tourbericht und ich hoffe, dass er euch gefällt.
Alles fing ganz harmlos an, als Ingrid mich am Donnerstag anrief und fragte, ob ich am Freitag ein wenig bei der Tourvorbereitung helfen könnte und dann noch ein wenig die Tour begleiten.


Klar, kein Problem. Gesagt getan. Ich fand mich also pünktlich um 17.00 Uhr am Schuppen ein, wo Kerstin bereits das Suppenfahrrad startklar machte und die Bollerwagen rausgeholt hatte. Ich schnappte mir also den Bollerwagen und fing an, die Kleidung neu zu ordnen, und da war sie schon: Überraschung Nr. 1. : Leider hatte ein kleiner „Wasserschaden“

dafür gesorgt, dass sämtliche T-Shirts, Unterwäsche und noch ein paar andere Dinge nass geworden waren und somit für die heutige Tour nicht zur Verfügung standen. Mittlerweile war Ingrid eingetroffen. Sie packte alle nassen Sachen ein um sie später zu Hause zu waschen. So kurzfristig war natürlich kein Ersatz an Kleidung zu bekommen und so hatten wir nur ein paar Jeans und Socken, die nicht von der feuchten Überraschung ereilt worden waren, im Wagen.
Aber nichts desto trotz. Ingrid brachte viele Leckereien von der Tafel mit. Darunter Pudding, Obst und Süßigkeiten, die wir sofort auf den Wagen luden. Nach und nach trafen noch mehr Helfer ein. Der treue Micha, Ellen und Anna-Lena. Mit so vielen fleißigen Händen war die Vorbereitung im Handumdrehen erledigt. Das Essen kam heute vom Bonner Hof und wurde uns von Nicole und ihrem kleinen Sohn gebracht, die sich spontan bereit erklärt hatte, den Suppen-Fahrdienst zu übernehmen. Auch dafür, an dieser Stelle: Herzlichen Dank. Anja und Burhan brachten uns heute das Brot und das Gebäck von der Bäckerei Förster, welches, dank der vielen fleißigen Helfer, ruck zuck im Wagen verstaut wurde. So alles erledigt…
Die Suppenfahrrad-Karawane setzte sich in Bewegung. Auf dem Weg zum Nord kam uns noch Annika entgegen, die uns an diesem Abend ebenfalls begleiten wollte. Als wir unseren Standort am Rheinischen Platz erreichten wartete auf uns Überraschung Nr. 2.: In Anbetracht der Tatsache, dass es auf Monatsende zugeht und es frisch gekochtes Essen gab, gingen wir davon aus, dass der Ansturm groß sein würde. Aber die erste halbe Stunde ging es eher gemächlich zu und nur zögerlich trudelten unsere Schützlinge ein. Dies hatte aber den Vorteil, dass viel Zeit für Gespräche war.
Ein junges Paar kam auf uns zu und suchte Beistand in einer Mietangelegenheit. Die beiden hatten eine Wohnung zum 1. Mai angemietet, die erste Miete wurde auch pünktlich vom Job-Center überwiesen. Doch leider war der Vormieter immer noch nicht ausgezogen und sie machten sich Sorgen, wann sie denn endlich in ihr neues Heim kommen und wo sie in der Zwischenzeit unterkommen könnten. Außerdem erzählten sie uns von dem desolaten Zustand der Wohnung. Wir rieten ihnen, sich schleunigst juristischen Beistand zu suchen und auch das Job-Center über den Fall zu informieren. Ich bewundere immer, mit welcher Offenheit die Leute auf uns zukommen und bin gleichzeitig sehr dankbar über das uns entgegengebrachte Vertrauen.
Kurz nach diesem Gespräch verabschiedete sich Ingrid in den wohlverdienten Feierabend. Bevor wir weiterzogen unterhielt ich mich noch ein wenig mit Sven, EPAlaner der ersten Stunde, der nach längerer Abwesenheit, jetzt wieder ein wenig Zeit hat und sich gut vorstellen kann, in Zukunft öfter mal am Suppenfahrrad auszuhelfen. Da kann ich nur sagen: Spitze. Jeder Zeitspender ist herzlich willkommen!!
Weiter ging es Richtung Porschekanzel. Einige neue Helfer stießen dazu, andere verabschiedeten sich an dieser Stelle. Der Andrang wurde deutlich größer. Suppe, Brot, Obst, Sandwiches alles verließ im Minutentakt unseren „Fuhrpark“. Auch nach Kleidung wurden gefragt, hauptsächlich T-Shirts, mit denen wir heute aber nicht dienen konnten. Alle zeigten Verständnis, doch freuen sie sich schon darauf, wenn wir die doch dringend benötigten Kleidungsstücke wieder dabei haben.
Ein Mann kam auf mich zu und bat um eine Reisetasche, da er bald eine 30 monatige Haftstrafe antreten müsse. Außerdem bat er um ein paar Kosmetikartikel, wie Shampoo, Duschgel, Rasierzeug. Eine Tasche hatten wir zwar nicht, doch Sven will schauen, ob er nicht noch eine übrig hat. Ich unterhielt mich noch eine Weile mit dem Mann, dem man die Angst und die Ungewissheit, was die Haftstrafe angeht, deutlich ansah. Er erzählte mir alles Mögliche, was er vorher noch alles erledigen wollte. Wir sind ja alle keine Psychologen, doch merkt man schnell, wie wichtig es ist, wenn man einfach nur ein offenes Ohr hat, zuhört und die Menschen, mit all ihren Sorgen und Nöten ernst nimmt. Ich konnte ihm ja keinen Ratschlag geben, doch ich sagte ihm, dass er das alles, was auf ihn zukommt, auch als Chance betrachten solle. Er beschwor, dass er nach der Haft ein neues Leben beginnen will. Ich drücke ihm die Daumen.
Als wir dann weiter zur Post zogen, langsam wurde es dunkel, kamen noch viele weitere Bedürftige und baten um Suppe. Auch ein paar Jeans wechselten den Besitzer. Markus stieß noch zu uns, um uns am Fahrrad beim Austeilen des Eintopfs zu helfen.
Und plötzlich passierte es: Hinter mir hörte ich ein dumpfen, heftigen Knall. Ich drehte mich um und sah K. , blutend am Kopf, auf dem Boden liegen. Sofort gingen ich sowie auch ein paar andere auf ihn zu, um nachzuschauen, was genau passiert war. Er hatte sich hingehockt, um seine Suppe zu löffeln und als er wieder aufstehen wollte, ist ihm schwindelig geworden und dann ist er gestürzt. Gott sei Dank, war er ansprechbar. Oh Mann, Überraschung Nr. 3 an diesem Abend! Doch Kerstin reagierte ganz souverän. Sie rief den Notruf an, holte den Verbandskasten aus dem Fahrrad und versorgte die Wunde. Wenige Minuten später traf der Rettungswagen ein und nahm ihn mit. Bettina begleitete ihn in die Klinik.
Puuh, der Schreck saß uns allen noch in den Gliedern, da machte sich auch schon wieder geschäftige Routine am Fahrrad breit. Doch in Gedanken waren wir alle bei dem Verletzten.
Und wenn ihr meint, dass es bei uns nur immer ernst zugeht….weit gefehlt. Hier zwei kleine Anekdoten: Ein Mutter-Tochter-Gespann kam auf uns zu und bat in gebrochenem Deutsch um ein Shampoo. Wir gaben der Tochter ein kleines Fläschchen davon. Sie fragte, ob es denn keine große Flasche gibt. Wir erklärten ihr kurz den Sinn und Zweck unserer Verteilaktion, worauf sie meinte, ja dann hätte sie noch gerne eine Haarkur und eine Spülung. Wir gaben jegliche Erklärungen auf und verwiesen sie auf den nächstgelegenen dm und schickten sie weg. Kerstin und ich konnten uns ein Schmunzeln nicht verkneifen.
Und dann war da noch….Markus und der Kampf mit der Konservendose. Als der Eintopf zur Neige ging, wurden noch einige Konservendosen der Sorte „feuriger Texastopf“ aufgewärmt. Doch eine der Konservendosen erwies sich als Diva und weigerte sich standhaft,  ihren feurigen Inhalt preiszugeben. Erst reißt der Aufreiß-Ring ab (ich lass mich ja nicht von jedem aufreißen ;)) und selbst unter Zuhilfenahme modernster Werkzeuge ( im Volksmund auch Dosenöffner genannt ) blieb die Büchse standhaft. Mit vereinten Kräften schließlich gelang es dann doch noch, ihren Willen zu brechen und unseren Schützlingen zu einer warmen Mahlzeit zu verhelfen.
Als dann auch der letzte Tropfen Suppe und das letzte Stückchen Brot verteilt waren machten wir uns auf den Rückweg. Das Fahrrad wurde gereinigt, der Bollerwagen wieder verstaut und gegen 23.15 war dann alles wieder bereit für den nächsten Einsatz.
Am Montag geht es wieder los….

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