Warm durch die Nacht - Tourbericht 13.01.2016
nun allen gerecht zu werden und gleichzeitig die Tour fertig vorzubereiten. So wurden alle direkt eingespannt und jeder trug oder zog irgendetwas, damit wir diesen riesen Konvoi überhaupt noch bewältigen konnten.
Wie am Fließband gaben wir Suppe, Gebäck, Obst und Kleidung aus. Ich selbst war so damit beschäftigt, immer wieder neu im Bollerwagen nach passenden Kleidungsstücken zu suchen, dass ich kaum registrieren konnte, wieviele und wer alles zu uns kam. Anhand der bei der letzten Tour geschriebenen Liste versuchten wir, die vorbestellten Sachen an den richtigen Mann/die richtige Frau zu bringen.
Dadurch, dass uns Rita noch zusätzlich auch Schuhe gebracht hatte, konnten wir dann z. B. T. sehr glücklich machen. Er hatte schon vorher nach Schuhen gefragt und beschrieb, welche er am liebsten hätte. Die, die er ins Auge gefasst hatte, waren aber für jemanden anders gedacht. Aber dann fand sich bei der Zusatzlieferung wahrhaftig ein Paar Bundeswehrstiefel genau in seiner Größe. Er behielt sie gleich an und war begeistert. Wie ein Kind sprang er auf der Stelle auf und ab und strahlte vor Freude über das ganze Gesicht. Gleich nahm er sich vor, die Schuhe gut zu pflegen, damit sie ihm lange erhalten bleiben.
Dann kam I. , der wieder mal einen Schlafsack brauchte. Erst machte mich das stutzig, denn er erzählte wieder, dass er seinen gegen eine Wolldecke getauscht hätte, weil jemand so gefroren hätte. Die gleiche Geschichte hatte er uns vor kurzem auch erzählt. Aber es ist wirklich so, wenn I. jemanden antrifft, der bei der Kälte ohne Schlafsack ist, gibt er seinen weiter. „Ich kann das nicht mit ansehen, wenn einer friert!“. Nun besaß er wieder mal nur eine völlig durchnässte Wolldecke und hatte selbst das Problem, das er bei anderen jeweils abstellen will. Also tauschten wir erneut, gaben ihm einen Schlafsack und nahmen die nasse Wolldecke an uns, um sie trocknen zu können.
So ging es weiter im Akkord, die bestellten Sachen wurden rausgegeben, Suppe ausgeteilt, Heißgetränke zubereitet und Obst und Gebäck verteilt.
S. kam und fragte nach warmer Kleidung. Auch warme Socken bräuchte er dringend. Im Gespräch erwähnte er, dass er am Vortag Geburtstag gehabt hätte und 29 geworden sei.
Strahlend packte er Kleidung ein und durfte sich dann auch noch ein paar Thermosocken aussuchen, die uns kürzlich Gerlinde geschickt hatte. Zusätzlich reichten wir ihm Obst und Schokolade. S. hat dann immer eine ganz liebe Art, sich zu bedanken. Er lässt uns seine Dankbarkeit jedesmal deutlich spüren.
Parallel nahmen wir die nächsten Vorbestellungen auf, zückten Stift und Block, damit wir nichts vergessen.
Wegen des Andrangs blieben Vroni und Mich bei der Tour, obwohl sie das eigentlich gar nicht vorhatten und zusammen mit Janita unterstützten sie uns und kümmerten sich auch um die Gäste aus Oberhausen, denen wir sonst gar nicht gerecht geworden wären.
R. muss derzeit erreichbar sein für Behörden und brauchte ein Handy. Auch das konnten wir ihm besorgen und überreichten es ihm. Er bekommt es jetzt geliehen, bis er alles geregelt hat und gibt es dann zurück.
Die Ungarin S. kam. Bei der letzten Verabredung mit Ingrid und Bea war sie einfach nicht erschienen, obwohl sich Bea bemühen wollte, mit ihr wichtige Formulare auszufüllen. Ingrid wies sie deutlich zurecht, dass das nicht ginge, wenn sie die Menschen, die ihr helfen wollen, versetzt. Und in ihrer derzeitigen Situation ist sie absolut auf Hilfe angewiesen. Dieses Mal nahm sie dann die vorbestellte Kleidung mit, die sie eigentlich schon bei der Verabredung neulich erhalten sollte. Durch die Trennung von ihrem Partner steht sie nun ganz alleine da, will weiterreisen, braucht aber dafür dringend Papiere, die sie nur über ihre Familie in Ungarn und durch zuständige Behörden bekommt.
Nun hoffen wir, dass sie in den nächsten Wochen da weiterkommt.
Als wir endlich aufbrachen zur Marktkirche, waren schon ¾ der Suppe geleert und Birgit füllt den leeren Behälter mit Suppe aus Dosen auf.
Dort ging es dann gleich weiter mit dem Andrang. Zum Glück kam noch Fabienne dazu und verstärkte das Team. Auch hier notierten wir wieder viele Wünsche, denn unser Vorrat an warmer Kleidung war sehr geschrumpft.
Und dann erfuhren wir von einem Ofw‘ler etwas, was uns sehr betroffen gemacht hat und dem Ingrid gleich nachging. Die Gruppe von Polen, die von uns in den letzten Wochen viele Kleidungsstücke erhalten hatten, entsorgen sie schon bald an einer Stelle am Hauptbahnhof. Dort läge ein ganzer Berg Sachen, die eindeutig von uns stammen würden. Und tatsächlich, Ingrid fand dieses Lager und wir beschlossen, dass diese Männer, außer Suppe und Getränke, von uns nichts mehr erhalten, was wir ihnen auch gleich mitteilten.
Sie blieben aber dennoch dabei und aßen von unserer Suppe.
Dann kam es noch zu einem Zwischenfall. Ein Mann aus dieser Gruppe bekam einen epileptischen Anfall, den wir aber selbst nicht mitbekommen hatten und T., der als einziger aus der Gruppe deutsch spricht, bat mich, für diesen Mann einen Rettungswagen zu rufen, da er auch herzkrank sei. Zunächst machte mich stutzig, dass der Mann noch stand und seine Suppe löffelte. Aber bei näherer Betrachtung fiel auf, dass er gar nicht richtig ansprechbar war, orientierungslos wirkte und auch immer mehr in sich zusammensackte. Der Schweiß stand ihm auf der Stirn. Wir packten ihn in warme Wolldecken ein und setzten ihn hin, bis der Rettungswagen kam. T. stieg kurz dazu, um für die Sanitäter zu übersetzen. Schließlich nahmen sie den Mann mit zum Elisabethkrankenhaus. Wir hoffen, es geht ihm inzwischen besser.
Ingrid, die ja inzwischen bis zum Hauptbahnhof gelaufen war, berichtete, dass oben an der Post niemand sei, so entschieden wir, den Rückweg anzutreten.
Fabienne hatte vorab nochmal heißes Wasser aus dem Abia geholt und so konnten wir auch R. noch mit seinem geliebten Kaffee nach der Suppe versorgen und hatten auch zum Reinigen des Fahrrades noch genug.
Irgendwie ist dieses Mal die Tour an mir vorbeigerauscht. Ich merke jetzt beim Schreiben, wie schwierig es ist, sich alles in Erinnerung zu rufen. Es war so viel! Ich selbst kam diese Mal kaum dazu, mal in Ruhe mit jemandem ein Gespräch zu führen.
Nun hoffe ich aber, dass Jens und Patrick nicht den Mut verloren haben und tatsächlich in Oberhausen starten. Denn wie groß der Bedarf ist, das war nun wirklich gestern zu sehen! Und das wird in Oberhausen nicht anders sein. Wir hoffen, wir konnten gestern Anregung geben und wollen ihnen auch gerne weiterhin mit Rat und Tat zu Seite stehen denn: das Ruhrgebiet packt an!