Essen packt an!

Projektübersicht

 Suppenfahrrad

Das sind die aktuellen Projekte

Spenden

Spenden

So können Sie Essen packt an! unterstützen.

Merken

Veranstaltungen

veranstaltungen

Hier gehts zur Kalenderansicht

Unwetter Zentrale

Warm durch die Nacht - Tourbericht 27.05.2017 von Petra

wir genau das Richtige mitgebracht haben. Es gab viel zu tun. Ein Herr mit einem Hund sagte mir, dass er dringend jemanden sucht, der seinem Hund die Krallen stutzt. Ich habe es mir notiert und werde mich mal umhören.

Eine junge Frau, für mich ein neues Gesicht, erzählte mir ihre Geschichte. Sie war bis vor kurzem in Haft, für einen längeren Zeitraum. Momentan schläft sie in der Krise. Ich werde für sie ein paar Sommersachen zusammenpacken, die sie sich bei der nächsten Tour abholen kann. Ein Herr, sehr gut gekleidet, mit Sonnenbrille, wollte gleich mehrere T-Shirts haben. Ich habe ihm freundlich erklärt, dass wir durch die ganze Stadt laufen und an anderen Stationen auch noch Bedürftige auf uns warten, die wir versorgen möchten. Und dass die Klamotten in der Hauptsache für Menschen ohne festen Wohnsitz seien. Das hat er verstanden und er hat sich äußerst freundlich für das T-Shirt bedankt. Ich finde, wenn man freundlich auf die Menschen zugeht, erntet man ebenfalls Freundlichkeit und Verständnis.

An unserer nächsten Station bei Toscani beobachteten wir einen OFWler, der sich mit seinem Suppenschälchen an den äußersten Tisch bei Toscani setzte, zu zwei jungen Frauen. Die schauten angewidert und wollten etwas sagen. Ich habe sie dann gebeten, sich einfach einen Tisch weiter zu setzen, der zum Glück frei war. Wir zogen dann weiter und ich bat die Kellnerin von Toscani darum, dass der Herr bitte seine Suppe dort aufessen dürfe. Sie nickte. Ein paar Minuten später kam Mic und erzählte mir, dass er dem Herrn ein Getränk auf seine Kosten bestellt hat. Gut gemacht!

Es ist immer wieder ein besonderes Gefühl, wenn wir mit unserer großen Truppe durch die Stadt ziehen und die Menschen in den Cafés uns zulächeln und winken.

Vor der Post stellten wir uns in Position und schon kamen die ersten Gäste. Mic kam schnell in ein Gespräch mit einem OFWler und rief mich dazu, da dieser einen neuen Rucksack benötigte. Ich kannte den Herrn nicht und fragte erstmal vorsichtig nach, wo denn seine Sachen seien. Er erzählte mir, dass sein ganzes Hab und Gut inklusive Rucksack an der Bahnhofsmission gestohlen wurde, während er zur Toilette war. Dadurch, dass die Polizei informiert wurde, hat man ihn direkt für 3 Monate inhaftiert. Er hatte einen offenen Haftbefehl wegen Schwarzfahrens. Das kommt leider häufig bei den Obdachlosen vor.

Während wir im Gespräch waren, fiel mir auf, dass seine Augen stark tränten. Ich fragte ihn vorsichtig, ob er vielleicht an einer Allergie leide. Da fing er plötzlich an, Sturzbäche zu weinen. Ohje...
Ich fragte ihn, ob er mit mir darüber sprechen möchte. Da er kaum ein Wort herausbekam, bat ich ihn, sich mit mir in eine ruhige Ecke auf den Boden zu setzen. Dort erzählte er mir mit tränenerstickter Stimme, dass seine heißgeliebte Mama plötzlich gestorben sei, während er im Gefängnis saß. Er hat es erst nach der Entlassung erfahren. Seine Mutter lebte in Polen und er hat sie lange nicht gesehen. Das traf mich wieder mitten ins Herz und ich musste mich sehr zusammenreißen, dass ich nicht auch noch anfange zu weinen.
A. erzählte mir seine Geschichte. Er hat drei Berufe: KFZ-Mechaniker, Fernfahrer und den dritten habe ich vergessen ;-)
Er hat sogar ein eigenes Haus gebaut. Dann kam ein Schicksalsschlag nach dem anderen. Seine Frau hat ihn wegen eines anderen Mannes sitzenlassen, zu seinen 2 Söhnen hat er keinen Kontakt. Dann kam der Alkohol ins Spiel und führte dazu, dass er vor 2 Jahren auf der Straße landete. Er berichtete, dass es keine Freunde auf der Straße gibt. Es herrscht ein Hauen und Stechen, jeder kämpft quasi ums Überleben.
Er hat mir seine Handynummer gegeben und ich habe ihm versprochen, dass wir für ihn da sind und uns um Wohnungs- und Arbeitssuche für ihn kümmern.
Ich denke, dass er sich mal richtig ausweinen konnte, hat ihn ein wenig befreit.
Als er ging, hat er mir ein Lächeln zugeworfen und gewunken.
Während ich mich mit ihm unterhielt, fiel mir ein junger, uns bekannter OFWler auf, der lautstark seinen Kumpel aufforderte, sich bei uns Zahnpasta, Zahnbürste, Duschgel usw. zu holen. Dieser meinte, er hätte noch alles. Daraufhin meinte L., man könne nie genug haben. Als die beiden dann am Hygienewagen standen, ging ich dazwischen und meinte, sie hätten schon genug bekommen. Und dass ich ihr Gespräch mitbekommen habe. Es entstand eine kleine Diskussion, da ich L. auch an den Kopf warf, dass er uns schon häufiger belogen habe und ich es schade finde, dass man unser Vertrauen missbraucht.
Er nagelte mich fest und wollte Details wissen, wo genau er gelogen hätte. Eine Sache fiel mir ein. Er erzählte uns mal, dass er einen Haftbefehl für 3 Jahre hat. Wir haben durch die Polizei erfahren, dass das nicht stimmt.
Jetzt erzählte er mir, dass der Haftbefehl zurückgestellt wurde, weil er einen festen Wohnsitz bei einem Freund hat. Es klang glaubwürdig. Ich habe mich bei ihm entschuldigt. Worauf er meinte, das müsse ich nicht. Ich habe ihm dann erklärt, dass ich ihm auf Augenhöhe begegne und ihm Unrecht getan habe, wofür ich mich selbstverständlich entschuldige. Des Weiteren habe ich ihm gesagt, dass ich es sehr schade finde, dass wir ihm nicht helfen können, wieder in ein normales Leben zu finden. Er war sehr offen und ehrlich und erzählte mir, dass seine Mutter Alkoholikerin sei und sein Vater ein Junkie. Sie haben insgesamt 13 Kinder bekommen, die ihnen weggenommen wurden. Er selbst ist im Alter von 2 Jahren im Kinderheim gelandet und hat mit 13 angefangen, sich Heroin zu spritzen. Dazu hat er 3 Kinder. Dazu habe ich ihm gesagt, dass das jawohl nicht hätte sein müssen. Schließlich gibt es ja Verhütungsmittel. Seine Antwort:“ Es war nur einmal. Und es sind Drillinge!“
Wenn man nicht selbst mit den Menschen spricht, hört es sich an wie eine Märchengeschichte oder eine Story aus einem schlechten Film.
Leider sind diese ganzen Schicksale auf der Straße bittere und traurige Realität!
Auf dem Rückweg durch die Stadt zur Garage haben wir noch ein paar Bedürftige versorgt. Unter anderem unseren alten Bekannten, O., den wir lange nicht mehr am Suppenfahrrad gesehen haben. Er hatte einen langen Wintermantel an, eine Mütze auf, einen dicken Schal um und Handschuhe an. Hilfeee, bei diesem Wetter! Dementsprechend roch er auch. Er sagte, er wäre sehr erkältet. Da kam ja unser Hühnersüppchen gerade recht.
Es war mal wieder eine besondere Tour mit vielen Erlebnissen und Eindrücken.
Danke an alle Freunde, die trotz der Hitze an die Bedürftigen gedacht haben und zusammen mit mir die Tour gewuppt haben! Ihr seid die Besten!!!

Bis zum nächsten Mal,
Petra

Merken