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Warm durch die Nacht - Tourbericht 25.11.2017 von Petra

sehr gut durch den Straßenverkehr, sodass ich pünktlich um 17 Uhr an der Garage ankam. Ein riesiger Menschenauflauf erwartete mich. Wir haben uns einzeln begrüßt und kurz noch die Parkerei geklärt. Dann erst realisierte ich, dass die ganzen Kartons, Körbe, Taschen und Einkaufstrolleys, die den halben Gehweg einnahmen, die mitgebrachten Spenden waren.
Alper zeigte mir, dass sie flatschneue Hoodies(die die Bedürftigen so lieben), neue Socken, Unterhosen, viele warme Jacken für Damen und Herren, Jeanshosen in verschiedenen Größen, Schuhe, Decken, Schlafsäcke, Zelte, Isomatten, kalte Getränke, Mützen, Schals, Handschuhe, Massen an Süßigkeiten und Hygieneartikel mitgebracht hatten. Plötzlich überwältigten mich meine Gefühle und mir schossen die Tränen! Meine Güte, was dieser Spendenaufruf von Alper in so kurzer Zeit bewirkt hat, unglaublich! Über Essen hinaus wird für die Bedürftigen in unserer Stadt gesammelt. Teilweise wurden die Sachen von noch viel weiter her geschickt!

Als ich mich wieder gefasst hatte, ging es an die Vorbereitung. Christian fackelte nicht lange und brachte mit den Jungs von Inkland einige der Sachen in die Mayflower. Wenn wir diese Möglichkeit nicht gehabt hätten, hätte ich wahrscheinlich einige Touren zum Lager machen müssen. Ich versuchte, jedem Anpacker eine Aufgabe zu geben. Jeweils zwei Personen, die nach Einweisung den Getränkewagen und den Hygienestanley auffüllten. Andere verpackten die Brötchen und Teilchen von Bäcker Peter in Einzelportionen, dann musste Wasser in den Wasserkochern gekocht und in die Thermoskannen gefüllt werden. Währenddessen bestückten die Jungs die Bollerwagen mit Anziehsachen. Da wir so viele Helfer waren, konnten wir noch große Taschen und Säcke in die Hand nehmen.

Als wir an der Gertrudiskirche, unserer ersten Station, eintrafen, gab es ein großes Hallo! Die bedürftigen Menschen haben sich teilweise wirklich wie kleine Kinder gefreut, die gerade Geschenke zu Weihnachten bekommen. Eine junge Frau bekam eine ganz tolle, warme, pinkfarbene Jacke mit Fellkragen. Sie konnte es gar nicht fassen. Es war genau ihre Größe. Ich muss aber auch sagen, dass Alper, die Mädels und Jungs ohne Scheu und äußerst liebevoll auf die Menschen zugegangen sind. Mir ging beim Zusehen immer wieder das Herz auf. Alles klappte wunderbar.
So konnte ich mich auch den Gesprächen mit den teils obdachlosen Menschen widmen. Kaum war ich mit jemandem im Gespräch, hörte ich schon wieder meinen Namen. Alle hatten das Bedürfnis, mich etwas zu fragen oder mir etwas zu erzählen. Einige hatten mich schon vermisst und sich bei den anderen erkundigt, ob es mir gut gehe. Das fand ich echt schön.

Auf der Treppe entdeckte ich ein junges Mädchen, welches ich noch nicht kannte. Ich fragte sie, ob ich mich zu ihr setzen dürfe. Sofort kamen wir ins Gespräch und sie erzählte mir ihre Geschichte. Sie ist erst 16 Jahre jung und seit dem 07.09. diesen Jahres auf der Straße. Zum Glück kann sie im Raum 58 schlafen. Als sie 7 Monate alt war, kam sie zu Pflegeeltern. Dort wurde sie im Alter von 5 Jahren vom Pflegevater sexuell missbraucht. Als sie sechseinhalb Jahre alt war, kam sie in eine neue Pflegefamilie. Dort wurde sie verprügelt und häufig in den dunklen Keller gesperrt. Insgesamt hat sie 4 Elternpaare. Ich frage mich gerade, was für perverse Schweine sich als Pflegeeltern anbieten, um ihre abartigen Neigungen an unschuldigen Kindern auszuleben! Das junge Mädchen scheint mir dennoch eine Kämpferin zu sein. Sie nimmt weder Drogen noch ist sie alkoholabhängig. Sie hat einen Schulabschluss, einen Freund und 2 Sozialarbeiter an der Seite, die sie betreuen. Bald hat sie Geburtstag, den sie für ein paar Stunden mit Freunden im Cafe Basis feiern kann. Das ist doch eine schöne Aussicht. Und ihre Sozialarbeiter haben ihr zu einer Wohnung verholfen, die vom Jugendamt gestellt wird. Wünschen wir ihr das Allerbeste und drücken für die Zukunft die Daumen!

U. erzählte mir, dass er unbedingt einen Nagelknipser brauche, J. bekam neue Schuhe, eine Jeans und einen Rucksack, da seiner kaputt war und er doch seine Zeitungen, die er verkauft, dort hineinpacken muss. C. bekam tolle, warme Stiefel und fragte mich, ob ich die nicht lieber haben möchte. Er ist immer sehr bescheiden und hat Angst, jemandem etwas wegzunehmen, der es evtl. dringender braucht. Ich habe ihm erklärt, dass ich außer den Gummistiefeln zu Hause noch andere, warme Schuhe habe. Dann war es in Ordnung.

Wir haben viele Menschen von Kopf bis Fuß mit Anziehsachen versorgt, fast jeder nahm mindestens eine große Tasche mit. Wir hatten das Glück, dass Alper und seine Truppe sogar sehr viele Sporttaschen und Rucksäcke mitgebracht hatten. Die Mädels waren so süß und stopften die Taschen noch bis zum Anschlag mit Süßigkeiten voll. Es gab auf dieser Tour ausschließlich strahlende Gesichter und die Sorgen wurden einfach mal beiseitegeschoben! Zweimal holten wir Nachschub aus der Mayflower.

Da der Weihnachtsmarkt in vollem Gange war, die Geschäfte schon geschlossen hatten, war insgesamt in der Stadt eine schöne Stimmung. Wir postierten uns als nächstes gegenüber von Toscani vor den Geschäften. Dort war es hell und überdacht. Heute blieben sehr viele Menschen stehen und erkundigten sich nach unserem Tun oder liefen mit Daumen hoch an uns vorbei, schenkten uns ein Lächeln oder riefen uns zu:“ Ihr macht einen tollen Job“ oder „Schön, dass es euch gibt!“ Uns wurden insgesamt 80 Euro geschenkt. Vielen lieben Dank an all die aufmerksamen Menschen.
Auch ein Dankeschön verdient hat der Froschkönig Burger & Bar. Dort durften wir unsere Thermoskannen mit kochendem Wasser auffüllen.

Als letzte Station bauten wir uns vor Galeria Kaufhof auf, direkt gegenüber der Weihnachtsmarktbuden. Und immer noch kamen Bedürftige, die eine Komplettausstattung von uns bekamen und sich riesig darüber freuten. Besonders süß fand ich folgende Situation: Ein Herr mittleren Alters kam mit einer Fifty-Fifty-Zeitung und bot sie mir zum Kauf an. Als ich dankend ablehnte und er weiter seines Weges ging, lief ihm eine junge Frau aus Alpers Team hinterher und bot ihm unser Essen an. Er wusste nicht, wie ihm geschah und verstand leider nicht so gut deutsch. Nachdem er gegessen hatte, hatte er plötzlich einen schicken Wollmantel an und wurde mit weiteren Sachen nebst Süßigkeiten und Hygieneartikeln eingedeckt. Sein Lächeln: unbezahlbar! Wir sprechen doch alle dieselbe Sprache: Herzlichkeit!

Dieses Flair brachte plötzlich Hotti dazu, seine kleine Musikbox anzuwerfen und ein Tänzchen zu wagen. Sofort machten alle mit und klatschten und tanzten dazu. Herrlich! Ein wohlbeleibter, sehr gut gekleideter Herr kam mit seinem Glühwein zu uns und ließ sich von mir erklären, was wir hier tun. Da sagte er wortwörtlich:“ Wenn ich hier gegenüber meinen Glühwein trinke und in meinem Leben alles habe, dann gegenüber diese armen Menschen sehe, fühle ich mich scheiße!“ Schwupps hielt ich einen Zehneuroschein in der Hand. Toll!

Zusammen mit Justin drehte ich eine Runde durch den Hauptbahnhof, um Menschen zu erreichen, die vielleicht Hunger haben und nicht wissen, dass wir vor Ort sind. Tatsächlich konnten wir zwei Bedürftige zum Suppenfahrrad schicken. Eigentlich wollte ich gar nicht so viel schreiben, aber ich möchte euch nichts vorenthalten und euch an meinen Erlebnissen teilhaben lassen. Von einer Poffertjes-Bude kam eine junge Frau zu uns herübergetanzt, um uns mitzuteilen, dass sie für nächsten Samstag eine Spende für uns bereithalte. Noch eine wunderbare Überraschung!

Es war schon ziemlich spät, als wir den Rücktritt antraten. Was aber heute mal egal war. Alper und die Jungs und Mädels waren unermüdlich beim Versorgen der Bedürftigen und wir wollten sie es auskosten lassen, bis der letzte versorgt war. Der tat mir fast schon ein wenig leid, weil er sehr, sehr viel zu tragen hatte!
Christian, Markus, Justin und ich wollten noch eine After-Tour-Tour starten, um nach bestimmen Schützlingen zu sehen. Das hatte sich aber erledigt, weil die zwei Personen zur Garage kamen, als wir einräumten. So konnte ich kurz mit der jungen S. sprechen. Ich hatte ja mit der Oma telefoniert. S. wünscht sich, einfach nach Hause gehen zu können, ohne vorher eine Entgiftung gemacht zu haben. Die Großeltern machen dieses aber zur Bedingung. „Erst, wenn sie clean ist, sind wir zu einem Gespräch bereit“. Ich habe ihr meine Handynummer gegeben und wir werden uns die Tage noch mal treffen. Vor ein paar Tagen hatte ich mit ihr telefoniert. Da hatte sie geweint und gesagt, dass ihre Mama ihr fehlen würde (sie hat sich vor 10 Jahren das Leben genommen).
Die andere Person an ihrer Seite war Ben. Er passt zurzeit auf sie auf und er erzählte uns, dass er eine Wohnung in Aussicht habe. Gut sahen alle beide nicht aus. Sie waren mit Sack und Pack auf dem Weg, „Geld zu machen“, um ihre Drogen bezahlen zu können. Am kommenden Mittwoch haben wir übrigens ein Gespräch in dem Krankenhaus, wo er nicht aufgenommen wurde. Wünschen wir den beiden auch alles Gute und drücken die Daumen für ihre Zukunft!

Vielen, lieben Dank an alle Anpacker, dass wir gemeinsam den Abend so wunderbar gerockt haben!
Bis bald
Petra


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