Warm durch die Nacht - Tourbericht 21.03.2016 von Judith
die wir verteilen könnten und dann kamen Ingrid und Vroni und lieferten neben der Spende von der Bäckerei Förster viele Leckereien, die wir zum Brot dazureichen wollten. Fischkonserven, Minisalami, und Käsescheibletten füllten unsere Körbe, hinzu kamen Äpfel und Süßigkeiten.
Also würden wir auch dieses Mal unsere Lieben gut versorgen können und hatten auch Auswahl auf den Wagen.
Einen Rest an Kleidung, den wir noch im Schuppen hatten, packten wir dazu und es sollte sich später noch herausstellen, wie gut das war.
Unser treuer Micha kam dazu, um uns wieder zu unterstützen und als wir aufbrachen, stand vor der Tür auch unser zweiter Micha, um uns zu helfen.
Nun waren wir schon zu sechst und am Café Nord wartete dann noch Bettina, die zum ersten Mal dabei sein würde.
Und im Nu waren wir nun doch ein großes Team, arbeiteten Hand in Hand, denn schon direkt, nachdem wir das heiße Wasser besorgt hatten, galt es, im Akkord Terrinen und Heißgetränke zu richten, Brot, Fisch, Käse und Obst zu reichen und Gespräche zu führen. Bettina wirbelte mit, als hätte sie nie etwas anderes gemacht.
Die große Auswahl auf den Bollerwagen kam richtig gut an und unsere Leute nahmen dankbar die leckeren Sachen, die wir ihnen reichten.
Ein Paar konnten wir mit dringend benötigten Hygieneartikeln versorgen und alle anderen, die nach Kleidung fragten, zeigten aber Verständnis, dass wir derzeit die Logistik mit den Kleiderspenden nicht leisten können.
Insgesamt fiel mir gestern besonders auf, wie gut gelaunt, freundlich und dankbar uns alle begegnet sind, was auch bei uns im Team für eine richtig gute Stimmung sorgte.
Schon eine halbe Stunde später waren alle versorgt, dass heiße Wasser leer und wir zogen weiter zur Porschekanzel. Im Vorbeigehen ließen wir in der Abia-Lounge unser Heißwassergefäß wieder auffüllen und einige, die wir am Nord versorgt hatten, begleiteten uns nun weiterhin, um sich weiter unterhalten zu können. Sie genießen regelrecht das Beisammensein mit uns. So zog nun eine lange Karawane die Kettwiger rauf, scherzend oder im Gespräch. Wir Frauen mussten keinen Wagen ziehen, das übernahmen unsere Kavaliere. ;-)
Auch an der Porschekanzel hieß es dann wieder Terrinen und Heißgetränke richten im Sekundentakt.
Begeistert ließen sich unsere Leute Brot und Fisch oder Käse einpackten, strahlten, wenn wir ihnen zum Nachtisch noch Schokoriegel und Süßigkeiten zusteckten.
Dadurch, dass wir endlich wieder eine Fahne mit unserem Logo am Bollerwagen hatten, die letzte war uns vor einigen Wochen abhandengekommen, wurden auch Passanten auf uns aufmerksam.
Gleich dreimal kamen welche auf uns zu und reichten uns eine kleine Geldspende.
Einer meinte: „Das ist eine Wiedergutmachung und gegen mein schlechtes Gewissen, da ich vorhin denen, die mich anbettelten, nichts gegeben habe. Aber bei euch seh ich ja, dass etwas Sinnvolles mit dem Geld geschieht und dass sie dann von euch etwas bekommen.“
Plötzlich rief jemand freudig „Hallo“ und als wir erkannten, wer es war, war die Freude groß. F. besuchte uns. Wir kennen ihn nun schon ein Jahr. Er war lange Stammgast bei uns und hat im November eine Entgiftung und anschließend eine Therapie gemacht, die jetzt gerade beendet ist.
In wenigen Tagen zieht er ins Betreute Wohnen in eine andere Stadt. Während der gesamten Zeit haben wir Kontakt zu ihm gehalten und werden das auch weiterhin tun. Wir haben ihn erlebt, als er ziemlich unten war, aber jetzt hat er es gepackt. Man sieht ihm an, wie gut es ihm geht und für uns sind solche Momente die Bestätigung, dass es richtig ist, was wir tun.
Nicht jeder schafft es, aber, wenn es auch nur einer wäre, dann hätte es sich gelohnt! Solche Momente treiben uns an.
Und dann fanden auch die wenigen Kleidungsstücke, die wir auf dem Wagen hatten, einen Abnehmer. Einem jungen Mann konnten wir mit einem T-Shirt, einer Jeans und einem schicken Pullover weiterhelfen. Den warmen Pullover zog er gleich an und sah richtig gut darin aus.
Als ich ihm sagte: “Jetzt brauchst du nur noch einen neuen passenden Hut“, denn er trug einen löchrigen braunen Lederhut zum blaugemusterten Pullover , erklärte er energisch: „Nee, nee, der begleitet und „behütet“ mich jetzt seit 9Jahren, erst wenn der vollkommen auseinanderfällt, dann brauche ich einen Neuen!“
K., unser Philosoph kam sehr spät zu uns. Er gefiel uns gar nicht. Er sah sehr bedrückt aus und war noch mehr durcheinander, als sonst. Zum Glück reichte das heiße Wasser gerade noch, um ihm eine Terrine und ein Getränk zuzubereiten. Hier war allerdings sein Wunsch eigenartig: Pfefferminztee mit Kakaopulver. Zunächst bereiteten wir ihn nur den Tee zu, aber er forderte tatsächlich den Kakao. Also erfüllten wir ihm diesen Wunsch, wenn auch sehr irritiert. Er erzählte von seiner Jacke, die immer am Schreibtisch neben der Brötchenmaschine hinge und von Limonade, die wir doch eben bereiten könnten, die Zutaten stünden doch bereit. Ein normales Gespräch war heute nicht mit ihm möglich. Das hat uns doch sehr geschockt und macht uns Sorgen.
Schließlich waren wir komplett ausverkauft und wollten gerade den Rückweg antreten, als ein großer Demonstrationszug mit Polizeibegleitung die Kettwiger herunterkam und an uns vorbei zog. Uns waren vorher schon die vielen Polizeifahrzeuge aufgefallen, wir konnten uns aber keinen Reim darauf machen.
Also hieß es abwarten, denn dieser Zug nahm den gleichen Weg, wie wir gehen wollten zurück zum Rheinischen Platz. So blieb noch ein wenig Zeit für Gespräche.
Im Abia hatte ich dann noch eine nette Begegnung, als ich das Heißwassergefäß abgab. Der junge Mann dort sagte, er fände toll, was wir machen und sie würden gerne helfen. Sie müssten das ja auch, als Mohammedaner, das würde der Glaube schließlich von ihnen verlangen. In einem kurzen Gespräch entdeckten wir die Parallelen zum Christlichen Glauben. Nächstenliebe schreiben beide Religionen vor und in diesem Bemühen darum können wir uns immer wieder begegnen.
Es war eine rundum gelungene Tour, klein geplant und wieder mal groß geworden.
Bettina war ruckzuck im Team und will schon bald wiederkommen. Darüber freuen wir uns sehr!
Ihr Resümee am Ende der Tour: „Das sind ja alles unheimlich liebe Menschen!“
Wieder mal war uns deutlich geworden, wie wichtig es ist, dass die Touren stattfinden. Die Leute verlassen sich auf uns und warten. Wir wollen auch weiterhin für sie da sein, aber dafür brauchen wir dringend Verstärkung im Team!