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Warm durch die Nacht - Tourbericht 15.04.2016 von Judith

dem Gebäck von Förster, welches Vroni und Michael anlieferten und Petra stieß auch noch dazu, hatte einige Hygieneartikel und Fischdosen mitgebracht. Zu unserer Überraschung stand dann auch plötzlich Bettina da, die auch noch ein paar Jacken und Schuhe im Kofferraum hatte, die sie uns dann noch brachte.
Nun hatten wir doch ein recht großes Team zusammen: Birgit und Viola, die uns noch eine Zeit unterstützten, Micha und Rouven, Kerstin, Petra, Bettina, Vroni und Micha, Ingrid, die an der Marktkirche noch einmal dazukam und anschließend noch tapfer den Schuppen aufräumen ging, und ich. So hatte sich die Gruppe irgendwie zusammengeläppert.  
Nur ganz allmählich kamen unsere Gäste bei uns essen und freuten sich über die große Auswahl auf unseren Bollerwagen. Immer wieder entstanden längere Pausen, die uns die Möglichkeit gaben, Gespräche zu führen und den Leuten in Ruhe etwas auszusuchen und einzupacken. So ruhig war es schon lange nicht mehr und wir konnten ganz entspannt arbeiten. Dennoch waren wir ein wenig irritiert, hatten wir doch mit dem für den Freitag typischen Andrang gerechnet. Wie würde das werden bei den Mengen an Gebäck, Obst, Joghurt und Kleidung! ?  :o
Nachdem wir eine ganze Zeit gewartet haben, ob nicht doch noch Weitere kämen, brachen wir schließlich auf zur Marktkirche.
Aber auch hier konnte man nicht von richtigem Andrang sprechen. Ganz in Ruhe und in Etappen, mit immer wieder auch langen Gesprächspausen dazwischen, konnten wir die Leute versorgen.
Ein junger Mann zeigte mir seine kaputten Schuhe und fragte, ob wir ihm helfen könnten. Ich suchte ein paar Sportschuhe in seiner Größe aus und er probierte sie, aber leider waren sie zu eng. Ich kramte ein weiteres Paar hervor, schicke schwarze Herrenschuhe. Er zog sie an und dann kam folgender Ausruf:  „Boah! Jaaa! Die sind aber schön und die passen mir!“ Ich sagte ihm: „Das sind jetzt deine Sonntagsschuhe.“  ;-)  Darauf er: „Ja, die kann ich dann immer in der Kirche anziehen, wenn wir da mit 28 Leuten tanzen. Das sind richtige Wünschel-Schuhe für Weihnachten! Und nun hab ich sie jetzt schon!“ Dabei strahlte er über das ganze Gesicht.
Das Paar, das ihm vorher nicht gepasst hatte, fand dann aber auch gleich einen anderen dankbaren Abnehmer. Unser R. der beim Pfandflaschen sammeln täglich viele Kilometer läuft, hatte die Schuhe, die wir ihm kürzlich erst gegeben hatten, bereits auch wieder durchgelaufen und die Sportschuhe passten im perfekt. Auch die werden sicher nicht lange halten, denn R. ist ja immer auf Wanderschaft und hat deshalb einen hohen Verschleiß.
Und es gab ein weiteres Schuhproblem. U. hatte völlig zerschlissene Schuhe an und brauchte dringend neue. Leider hatten wir aber seine Größe nicht auf dem Bollerwagen. Hinzu kam, dass er wegen einer Bänderschwäche hohe brauchte, die seinem Fußgelenk ein wenig Stütze geben.
Als wir noch überlegten, wie wir dieses Problem lösen konnten, erklärte Petra plötzlich. „Ich gehe jetzt für ihn Schuhe kaufen!“  :o 
Gesagt, getan. Nur wenig später kam sie mit ein paar neuen Schuhen zurück. Ingrid und Vroni reichten sie ihm, aber leider waren es dann doch keine Passenden.
Also: Umtauschen. Dieses Mal ging Vroni und nahm U. einfach mit. Fassungslos über dieses Geschenk von Petra wiederholte U. immer wieder die Frage: „Warum tut die das, warum tut die das?“
Im Schuhgeschäft hatte er Tränen in den Augen und sagte noch zu Vroni: „Weißt du, wie lange ich schon nicht mehr in einem Schuhgeschäft gewesen bin?“ Schließlich waren passende Schuhe gefunden und U. hatte sich in den Kopf gesetzt, sich bei Petra mit einer besonderen Geste zu bedanken. Er ging wahrhaftig hin und kaufte von seinem letzten Geld Rosen, die er ihr überreichte. Nun war es an uns, zu schlucken, denn wir hatten alle einen dicken Kloß im Hals.
Einer jungen Punkerin konnten wir einen Pullover reichen und sie und ihr Begleiter aßen mit Genuss unsere Suppe und waren sehr dankbar, als wir ihnen auch Gebäck und Obst einpackten. Mit von der Partie war ein bildhübscher Hund namens Kairo, in den wir alle uns gleich verliebten. Vor allem Vroni war völlig vernarrt in dieses Tier und packte ihm Futter und Leckerlis ein. Als sie ein weiteres Mal auf das Pärchen zuging, um ihnen auch noch Taschentücher zu bringen, tippelte Kairo von einer Pfote auf die andere, in dem Glauben, Vroni würde ihm erneut Leckerlis bringen. :D Vroni schmolz dahin und holte gleich Nachschub am Bollerwagen für diesen süßen Kerl, der tatsächlich schon 5 Jahre alt ist, obwohl er auf uns eher wie ein Welpe wirkte.
Aber immer noch hatten wir das Gefühl, dass wenig Andrang war und Kerstin fragte mich noch, ob es wohl Sinn machen würde, noch Suppe nachzufüllen. Wir entschieden, einzelne Dosen nachzufüllen, auch, damit es jeweils schneller heiß wird. Wir hatten auch noch große Mengen an Gebäck, Süßem, Obst und Joghurt an Bord, so dass wir unsere Tour Richtung Willy-Brandt-Platz fortsetzten, um noch dankbare Abnehmer zu finden.
Und das war auch gut so. Denn hier war es deutlich voller als sonst. Sehr dankbare Leute freuten sich über alles, was wir ihnen zukommen ließen.
Wir lernten T. kennen. Er hatte noch nie von uns gehört und wagte zunächst gar nicht, auf uns zuzukommen. Als wir ihm Essen und Gebäck anboten, war er ganz verlegen. Eine Zeit lang beobachtete er unser Tun und als er wahrnahm, dass wir Kleidung dabei hatten, wagte er, danach zu fragen. Schnell stellte sich heraus, dass er wirklich einiges brauchte und wir suchten in Ruhe für ihn Pullover, Jacke, und Socken aus. Er zog die Jacke an und hatte Tränen in den Augen. Er konnte es gar nicht fassen. Im Gespräch stellte sich heraus, dass er Grieche ist und seit einem Jahr in Deutschland. Das erstaunte uns, denn er sprach perfekt Deutsch. Und dann erzählte er, dass er als Kind mit seinen Eltern in Deutschland war und auch hier zur Grundschule gegangen ist. Dann aber sind seine Eltern mit ihm wieder nach Griechenland zurück und er hat bis vor einem Jahr dort gelebt, um, bedingt durch die Krise in Griechenland und Arbeitslosigkeit letztes Jahr mit seinen Eltern wieder zurückzukehren. Aber auch hier ist es für sie schwierig und sie leben am Existenzminimum.
Wir boten ihm an, auch noch Brot für die Eltern einzupacken. Nun war es mit seiner Fassung endgültig vorbei. Er kämpfte mit den Tränen. Ich weiß nicht, wie oft er dann das Wort „Danke“ aussprach. Er verabschiedete sich sehr herzlich von uns und will wiederkommen. Wir nannten ihm nochmal genau unsere Tourzeiten, damit wir ihn auch weiterhin ein wenig unterstützen können.
Viele alte und neue Gesichter sahen wir. Es war eine richtig gemütliche Atmosphäre oben an der Post.
Und dann war es wieder eine Fellnase, die Vronis Herz eroberte. Vor Begeisterung über die ihm angebotenen Leckerlis konnte er gar nicht mehr von ihr ablassen. Vroni hat gestern die Vierbeiner richtig verwöhnt.
Eine junge schwangere Frau, die wir jetzt schon ein paar Wochen betreuen, blieb eine ganze Zeit bei uns. Wir durften sogar ein Ultraschallbild sehen, auf dem eindeutig zu erkennen war, dass sie Mama eines kleinen Jungen werden wird. Im August ist es so weit und sie hat ein wenig Angst vor der Entbindung, die wir ihr im Gespräch versuchten, zu nehmen. 
Mit dem Rest Suppe und Gebäck traten wir schließlich den Rückweg an. Wir waren uns sicher, dass wir noch weitere Menschen versorgen könnten.
Und genau so kam es. Vor der Lichtburg saß M. auf einer Bank, ein wenig einsam und gefrustet. Eine Zeit blieben wir bei ihm und das Gespräch mit uns tat ihm gut. Wir packten ihm einiges ein und während wir noch bei ihm standen, klingelte sein Handy und er erklärte dem Anrufer, er sei gerade umgeben von ein paar Helden.  ;-)
In Begleitung von R., der ja immer unsere Nähe und den einen oder anderen Kaffee genießt, und von U. gingen wir schließlich zu der Stelle, wo wir immer unser Fahrrad reinigen.
Und dann kam die Bilanz der heutigen Tour und die haute uns fast um: die Bollerwagen waren so gut wie leer. Die letzten Reste an Gebäck und Joghurt nahm U. mit, um sie an weiter Bedürftige zu verteilen, der Vorrat an Kleidung war massiv geschrumpft und dann überschlug Kerstin, wieviele Suppen rausgegangen waren. Wir hatten sage und schreibe 28 (!) Dosen geleert und damit ca. 90 (!) Leute versorgt! Wir waren fassungslos. Uns war das gar nicht aufgefallen, weil es sich dieses Mal so gut verteilt hatte und wir nie richtigen Andrang hatten. Wir konnten uns mit viel Zeit jedem widmen.
Ach ja, apropos Zeit: der Blick auf die Uhr schockte uns dann auch. Es war mittlerweile 23 Uhr!
Bis alles zurückgebracht war, war es noch eine halbe Stunde später und zu allem Pech kamen Bettina und ich dann auch noch in einen Stau auf der A 40, so dass es doch Samstag wurde, bis alle wieder zu Hause waren.
Das war eine ganz besondere Tour, ich habe nur Auszüge der vielen besonderen Momente, aus denen sich diese Tour „zusammengeläppert“ hat, geschrieben, damit mein Bericht nicht noch länger wird.
Heute früh schrieb mir Vroni in einer PN: "Ich hatte gestern mehrmals eine Gänsehaut bis auf die Kopfhaut. Es war selbst für mich als gaaaanz alten abgeklärten Hasen gestern ein paarmal sehr berührend." – und ich glaube, so ging‘s uns allen gestern.



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