Warm durch die Nacht - Tourbericht 09.+11.05.2016 von Judith
dann Petra, die gleich das Richten der Getränke übernahm und Elke. So konnten wir zügig, als Micha, der sich durch den starken Verkehr gequält hatte, das Gebäck von Bäckerei Gebr. Förster gbr lieferte noch kleinere Portionstütchen abpacken, um möglichst viele damit versorgen zu können.
Für einzelne hat es sicher eine Enttäuschung bedeutet, dass wir dieses Mal ohne Suppe kamen, was sie dann auch kundtaten. Viele planen unsere Touren schon als „Hauptmahlzeit“ in ihren Tagesablauf mit ein, haben oft vorher nichts Anständiges gegessen. Einer sagte dann auch direkt: „Oh, schade, sonst habt ihr doch mittwochs sogar ganz besonderes Essen vom Restaurant.“ Wir waren baff, sie wissen tatsächlich schon genau unsere Abläufe. Dass wir nur alle 14 Tage Essen vom Restaurant haben, hatten sie in ihrer Vorfreude dabei allerdings vergessen.
Die meisten waren jedoch sehr dankbar und freuten sich über die Auswahl auf unserem Bollerwagen, ließen sich etwas einpacken und ein Getränk richten.
U. kam, war total heiser und auch insgesamt nicht gut drauf. Dennoch hat er immer Sorge um uns und begleitete später Petra zum Auto, damit sie nicht alleine gehen müsse. Petra hat später dann noch einen Salbei-Tee besorgt und diesen über uns an ihn weiterreichen lassen. Es war ihm sehr wichtig, dass wir ihr noch seinen Dank dafür ausrichten.
Nachdem am Rheinischen Platz alle versorgt waren, zogen wir weiter zur nächsten Station. Auf dem Weg lernten wir M. kennen, der sein Herz ausschüttete. Er ist derzeit verfolgt vom Pech. Im März ist in seine Wohnung in einer Nachbarstadt eingebrochen worden. Dort wurde alles verwüstet. Dieselben Täter haben ihn wenige Tage später überfallen, bestohlen und zusammengeschlagen, um zu erreichen, dass er die Anzeige für die erste Tat zurückzieht. Er fühlt sich massiv bedroht und hat insgesamt drei Anzeigen erstattet, wobei die Polizei ihm angeblich nicht helfen könne, da er keine Namen wüsste. Nun gibt es Ärger mit dem Vermieter wegen Schadensersatzzahlungen und die Wohnung hat er verloren. Körperlich sei er, nicht zuletzt auch wegen seiner Alkoholsucht völlig am Ende und bräuchte Hilfe. Unendlich dankbar nahm er von uns Brot und Wurst und genoss die Nähe. Einige anderer Ofwler, die ihn zum Teil kennen, bemühten sich um ihn und man konnte sehen, wie gut ihm das tat. I. nahm sich besonders seiner an und bot ihm an, ihn zur Lichtstraße zu begleiten, damit er erst mal irgendwo unterkommt und mit ihm auch am nächsten Tag zur Maxstraße zu gehen. Einiges muss für ihn geregelt werden, damit er nicht mehr weiter in die andere Stadt muss, wo er so bedroht wird. Immer mehr fiel die Verzweiflung und Anspannung von ihm ab und er wirkte zusehends erleichtert. Imponiert hat uns auch, wie sie füreinander da sind und sorgen.
Nun hoffen wir, dass er schnellstens Hilfe bekommt, denn er denkt auch an eine Entgiftung und Therapie. Sehr herzlich verabschiedete er sich von uns, bedankte sich mehrmals und will am Freitag wiederkommen.
Am Vorabend der Tour hatte sich per PN S. , eine junge Frau an uns gewandt, die für die Nacht eine Unterkunft brauchte. Sie war in einer echten Notsituation und hatte reichlich Kummer. Wir nannten ihr Kontaktadressen und luden sie ein, sich dann bei der Tour am Mittwoch mit Gebäck und Kaffee bei uns zu stärken und eventuell weitere Hilfen durch uns in Anspruch zu nehmen.
Und tatsächlich, nun stand sie plötzlich vor uns. Sie berichtete, dass sie am Vorabend gut untergekommen ist und bereits gut beraten und weitervermittelt wurde. Nun hat sie Pläne. Sie will eine eigene Wohnung finden und eine Ausbildung beginnen. Die Bewerbung dafür läuft. Jetzt wirkte sie recht optimistisch und war gekommen, um uns das mitzuteilen und sich bei uns zu bedanken.
Das war für uns eine schöne Bestätigung unserer Arbeit auch via „PN-Seelsorge“ ;-) . Toll, dass sie uns dieses Feedback gegeben hat. Wir wünschten ihr viel Glück und teilten ihr noch mit, dass sie sich aber auch jeder Zeit an uns wenden kann, wenn sie doch noch irgendwo Hilfe braucht.
Und dann bekamen wir noch eine spannende Lehrstunde. Einer unserer Stammkunden, der oft ein Büchlein mit den Menschenrechten mit sich führt, hatte einen Kescher mit langem Stiel dabei. Neugierig fragten wir ihn, was er denn damit vorhabe. Und dann erklärte er uns folgendes: wenn man in der City Passanten um Geld bittet und ihnen einen Becher hinhält, dann sei das vielen schon zu nah. Mit Hilfe des Keschers könne er die gewünschte Distanz wahren und die Leute wären eher bereit, etwas Geld zu geben. Darum habe er sich diesen im 1€-Laden gekauft. – Spannende Theorie!
Wegen der Demonstrationen wagten wir nicht, die Kettwiger weiter rauf zu laufen, um dort nicht noch zwischen irgendwelche Fronten zu geraten.
Inzwischen war noch Benjamin zur Verstärkung dazu gekommen und wir entschlossen uns, das restliche Gebäck, Brot, Wurst und den Käse zum Raum 58 zu bringen und zogen gemeinsam dort hin. Dort ist es sehr dankbar angenommen worden, denn auch da sind viele hungrige Jugendliche zu versorgen.
Länger, als wir vorhatten, waren wir unterwegs, aber nicht zuletzt deshalb, weil es sehr entspannt, fast gemütlich zuging, mit tollen Begegnungen und Gesprächen. Das haben nicht nur die Ofwler genossen, sondern wir auch!
Nun freuen wir uns auf Freitag, wo es dann auch wieder eine warme Suppe geben wird.