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Was macht eigentliche die Obdachlosenbotschaft?

bat uns hinein. Ich war positiv überrascht, wie gepflegt und äußerst sympathisch er aussah. Damit hatte ich überhaupt nicht gerechnet. Die Chemie stimmte sofort und wir kamen von Hölzchen auf Stöckchen. Meiner Familie sagte ich, dass ich so maximal für ein Stündchen mal weg wäre. Kurz „Hallo“ sagen, Problemchen anhören und aufschreiben und dann wieder verabschieden. Denkste!!! Was jetzt folgte, flasht mich bis zum heutigen Tag!

J. saß an einem Schreibtisch, auf dem sich neben einem Laptop eine Tasse, ein paar Plätzchen und löslicher Kaffee befanden. In einer Ecke lag eine Matratze mit Bettzeug. Als klar war, dass er dort schlafen durfte, hat Solly ihm die Matratze besorgt. J. bringt sich bei den Veranstaltungen ein und hilft, wo er kann. Der Hund Z. hatte es sich unter dem Schreibtisch gemütlich gemacht und gab keinen Mucks von sich. Solly stellte mich als neue Odachlosenbotschafterin vor. Das war mir gar nicht so recht, da wir alle zusammen als Team arbeiten. J. fragte mich, welche Motivation ich für mein Engagement habe. Daraufhin sagte Simone: “ Petra, erzähl doch mal, was du sonst noch so alles um die Ohren hast, mit Job, den ganzen Kindern usw.“

Dann legte ich los, dass ich einen Vollzeitjob habe, täglich 10 Stunden arbeite, 2 Töchter habe, Haus und Garten und einen Lebensgefährten mit 5 Kindern, die jedes zweite Wochenende bei uns sind. Und dass ich, weil es mir so gut geht und ich einen stabilen Hafen zu Hause habe, gerne ein wenig davon abgebe, um Menschen zu helfen, denen es nicht so gut geht. Ich war schon immer ein sehr, sehr empathischer Mensch, was auch nicht immer schön ist. Als Jugendliche wollte ich ehrenamtlich in einem Kinderdorf arbeiten und vor ein paar Jahren haben wir ein krankes Mädchen aus Afghanistan für eineinhalb Jahre in unserer Familie aufgenommen. Sie wurde in Kabul bei einem Autounfall schlimm verletzt und ist durch einen Verein nach Deutschland gekommen, damit sie hier im Krankenhaus ärztlich versorgt wird. Aber das ist eine andere lange Geschichte.

Zurück zu J. Er hörte mir sehr aufmerksam zu und erzählte dann aus seinem Leben. Er hat immer gearbeitet, in den unterschiedlichsten Jobs. Es zog ihn auf die Bühne. Er hat hinter der Bühne, als Kabarettist und Schauspieler auf der Bühne sowie zwischenzeitlich als Taxifahrer gearbeitet. Dann führte er lange Zeit eine angesagte Kneipe in der Stadt. Es ging ihm finanziell immer gut, bis er der Liebe wegen in Essen alles aufgab, um der Liebsten zu folgen. Leider hatte die nur Augen für sein Geld und nahm ihm alles. Tatsächlich ist J. mit seinem Hund und seinem Auto dann wieder in Essen „gestrandet“.

Als ich ihm erzählte, dass ich mich gerade um zwei junge Herren, die heroinabhängig sind und auf der Straße leben, kümmere und deren schlimme Schicksale von vielen Pflegeeltern, Heimaufenthalten, Missbrauch, Schlägen usw. berichtete, brach er in Tränen aus. Er erzählte uns, dass er selbst bereits vor seiner Geburt misshandelt wurde und lange Zeit danach. Ich fragte ihn, ob ich ihn mal in den Arm nehmen dürfe. Er nickte. Simone und Solly hatten auch Tränen in den Augen und einen dicken Kloß im Hals. Simone musste kurz vor die Tür. Es war unglaublich emotional in diesem Moment.
Dann erzählte uns Solly eine sehr, sehr traurige Geschichte aus ihrem Leben, die sie bis heute nicht verwunden hat. Und auch Simone öffnete sich mehr und mehr. Ich kann es euch nicht beschreiben, was wir an diesem Abend erlebt haben. Einerseits kam es mir vor, als hätten wir so einen Gesprächskreis einer Selbsthilfe-oder Therapiegruppe, und andererseits, als wären wir schon seit Ewigkeiten eng vertraute Freunde. Ich weiß nicht, wie oft ich erwähnt hatte, dass ich langsam mal nach Hause müsse. Wir vier erzählten uns viele Episoden aus unseren Leben, heulten und lachten miteinander und umarmten uns alle zusammen ganz feste. Es fehlte nur noch so ein Freundschafts-Schwur oder Blutsbrüderschaft-Besiegelung ;-).

3 tolle Stunden waren wir bei J. zu Besuch. Ich habe keine Ahnung, ob ich euch das Gefühl dieses besonderen Abends annähernd rüberbringen konnte. Ich kann nur sagen, dass es mal wieder eine ganz besondere Erfahrung für mich war, die ich nicht missen möchte. Und genau das ist der Grund, warum ich bei Essen packt an bin und weitermache. Es gibt Menschen, die meinen, Geld mache sie glücklich. Mich machen definitiv solche Momente glücklich! Es kostet nichts, wenn man ein bisschen Zeit, ein offenes Ohr und eine Umarmung spendet. Woran man aber denken sollte -J. hat mich auch danach gefragt- ist Supervision! Damit ihr auch Hilfe bekommt, wenn euch solche Geschichten zu sehr emotional mitnehmen. Wir haben mehrere Personen im Team, die das leisten können.
Danke für`s Zuhören und Motivieren, dass es richtig ist, was wir tun.
Bis bald
Petra