Es ist längst Routine: ab 17 Uhr Suppenfahrrad richten, Bollerwagen beladen, diesmal mit toller Sommerkleidung für Damen, für Männer einige Hosen, eine Isomatte, und dann das Brot, Äpfeln und alle Utensilien für Kaffee oder Tee. Wegen der Umstrukturierung unseres Lagers nahmen wir jetzt nur gezielt die Kleidung mit, die wir Einzelnen versprochen hatten. Ab nächste Woche sind wir wieder besser sortiert und können auch unsere Männer hoffentlich wieder besser versorgen.
Schon am Nord kam R., dem wir endlich eine neue Hose reichen konnten. Zwar hatte er vor einiger Zeit von uns eine erhalten, es stellte sich dann aber heraus, dass diese kaputt war. „Die Neue zieh ich aber erst morgen früh nach dem Duschen an“ sagte er und freute sich dann auch noch über eine Baseballkappe, die er von uns bekam.
Dann zogen wir los Richtung Marktkirche. In der City herrschte noch viel Einkaufsbetrieb und zunächst schien es so, dass unsere Leute gar nicht vor Ort wären. Wir stationierten Rad und Bollerwagen und ich ging Richtung Kennedyplatz und tatsächlich, dort saßen die uns Bekannte Gruppe junger Punks. Als ich sie einlud, zum Rad zu kommen, freuten sie sich. Ich war schon auf dem Rückweg, da hörte ich ein „Ey!“ Als ich mich umdrehte, strahlte mich eins der jungen Mädchen an und zeigte mir mit beiden Händen ein „Like“. Schnell kamen sie dann, aßen Suppe und freuten sich besonders über die Äpfel.
Dann ging es weiter zum Dom. Vom Burgplatz aus kamen sie dann doch alle, hungrig, durstig und erfreut, uns zu sehen. Emsig verteilten wir Suppen, Brotpäckchen, Scheibletten-Käse und Obst.
Ein Stückchen weiter trafen wir dann N. mit ihrem blinden kleinen Hund. Gleich teilten wir ihr mit, dass wir diesmal viele Kleidungsstücke dabei hätten, die für sie passend sein könnten. Eine ganz besondere Freude konnten wir ihr mit einer sehr schicken Jeansjacke machen. Sie probierte sie gleich an, führte sie uns vor und fragte, ob sie ihr stünde. Und wirklich, sie sah richtig gut darin aus, was wir ihr auch deutlich sagten. Zusätzlich freute sie sich über einige Shirts und Hosen. So konnten wir sie, auch dank der Spende eines EPA-Mitgliedes aus Burgaltendorf in der letzten Woche richtig gut ausstatten und sie hat sich riesig gefreut. Selbstverständlich wurde sie, und natürlich auch ihr Hund dann noch mit Essen bzw. Futter versorgt.
Früher, als sonst, kamen wir zur Post und waren einen Moment lang selbst erstaunt, wie viele Leute wir in der kurzen Zeit bereits versorgt hatten. Hier fanden dann auch die letzten Kleidungsstücke dankbare Abnehmer. Alle nahmen freudig Suppe, Brot, Käsescheiben und Obst.
Als ich einem jungen Mann die Suppe reichen will, sagt er: „Moment, erst den Rucksack zumachen, da ist schließlich mein ganzes Leben drin.“ Oh ja, man muss es sich immer wieder deutlich machen: sie haben ihren gesamten Besitz in einem Rucksack.
Einen Herrn mussten wir dann einmal bremsen, als er sich am Bollerwagen selbst bediente. Denn wir möchten selbst auspacken und anreichen. Als wir ihm dies deutlich sagten, war er ein wenig eingeschnappt, Suppe nahm er dann aber trotzdem und setzte sich damit ein wenig abseits.
Eine junge Frau, J. fragte nach einem Schlafsack, den wir diesmal nicht dabei hatten. Wir versprachen ihr, ihn bei nächster Gelegenheit mitzubringen und ihr zu geben oder ihn beim Ofw’ler A. zu deponieren, der für die meisten in der City Vertrauter und Freund ist, sich um ihre Angelegenheiten kümmert und auf ihre Sachen achtet.
Und dann war plötzlich alles verteilt und die Suppe leer. Aber der Gesprächsbedarf einiger war sehr groß. So unterhielten wir uns, während wir schon begannen, das Suppenfahrrad zu reinigen.
Immer wieder fragen Ofw’ler, warum wir das tun. Und die, die es wissen, betonen immer wieder, dass wir privat und ehrenamtlich aktiv für sie sind. Und gestern wurde mir bewußt, warum sie uns so viel Vertrauen schenken: weil sie wissen, dass wir es tun, weil wir es wollen, nicht, weil es irgendein Job ist. Sie wissen, es geht uns um sie. Und es ist schön, wie sie das anerkennen, immer wieder.
Die Krönung war, als ich einem die Suppe reichte und er zu mir strahlend sagte: „Danke schön, Mietze!“ Ja, selbst Kosenamen kriegen wir jetzt schon von ihnen.
Fasziniert hat mich wieder mal Rubito, unser gemeinsames Hobby Musik ist bei jedem Treffen Thema. Gestern zeigte er mir, wie viele Noten er als PDF-Datei auf seinem Handy hat.
Nachdem wir Bollerwagen und Suppenfahrrad zurück zum Standort gebracht hatten, fuhren wir noch einige Sachen zum Lager. Da es noch nicht so spät war, wie sonst, entschlossen wir uns kurzerhand, noch einen Schlafsack mitzunehmen und ihn eben noch zu J. zu bringen. Am Dom saß A. und nahm in für sie an. So hatten wir an diesem Abend doch noch alle Wünsche erfüllen können.
Man fährt dann müde und zufrieden nach Hause, aber denkt noch über manches Gespräch und manche Begegnung nach. Abends ging mir M. nicht aus dem Kopf. Im Gespräch kam heraus, dass er in den 70ern Abitur am Helmholz-Gymnasium gemacht hat. Wie mag sein Leben gelaufen sein, dass er nun wohnungslos in der City lebt? Er teilte uns mit, dass er nun zu seiner Schwester ziehen würde, daran können wir aber alle noch nicht so recht glauben, obwohl wir es ihm so wünschen würden.
Es sind interessante und liebenswerte Menschen, die man jeden Abend trifft, und sie sind eben so unterschiedlich, dass es immer wieder spannend ist.